Die folgenden Leitwerte und Beschreibungen sind – zum Teil leicht gekürzt – der Adobe Spark Präsentation von Tim Kantereit mit dem Titel Leitwerte für Distanzunterricht entnommen. Sie ist veröffentlicht unter der Lizenz CC BY SA 4.0
1. Vertrauen vor Kontrolle
Die für viele Kolleginnen und Kollegen, sowie für Schülerinnen und Schüler neuartige Form der Kommunikation und Zusammenarbeit sollte nicht von Kontrolle geprägt sein. Vielmehr ist es jetzt an der Zeit, sich gegenseitig Vertrauen zu schenken. Vertraue deinen Kolleg*innen, vertraue deinen Schüler*innen, dass sie die gestellten Aufgaben erledigen werden. Sorge für ein entspanntes Ankommen im Fernunterricht und fordere nichts ein. Gerade LMS bieten die Möglichkeit zur Kontrolle, welcher Schüler was eingereicht hat, welche Schülerin nichts abgegeben hat. Das ist aber zunächst nicht das Wichtigste, sondern führt nur zu einer Überforderung in dieser neuen Situation. Alle Beteiligten brauchen nun Zeit in Spielraum die „neue“ Welt, das „neue“ Lernen zu erkunden.
2. Feedback
In einer vollkommen neuen Situation des 100 prozentigen digitalen Unterrichts brauchen alle Beteiligten unbedingt Feedback. Feedback zu Gestaltungsprozessen des digitalen Unterrichts genauso, wie Feedback zu Lernprozessen der Schülerinnen und Schüler. Da nun auch Lehrkräfte zu Lernern werden, ist für sie eine Rückmeldung ebenso wichtig, wie die die sie an die Lernenden in ihren Klassen geben. Neue Tools wollen ausgetestet werden und es bedarf daher häufiger Rückmeldung, was, wie gut funktioniert. Als Feedback Instrumente eignet sich u.a. Mentimeter.
3. Positive Fehlerkultur
Alle Beteiligten werden im völlig andersartigen digitalen Fernunterricht Fehler machen. Sie müssen nun Software und Hardware bedienen. Sie müssen lernen, diese zu bedienen. Da Lernprozesse nicht ohne Fehler geschehen, muss mit ihnen gerechnet werden. Sie bieten auch Chancen für die eigene Kompetenzerweiterung. Um das zu ermöglichen ist ein positiver Umgang mit Fehlern unabdingbar.
4. Orientierung und Klarheit
Aufgaben, Anleitungen und Hilfestellung müssen im digitalen Fernunterricht klar und präzise formuliert sein. Inhalte müssen eindeutig kommuniziert werden. Dies kann über Textformulierungen, Audioanweisung oder visuelle Anweisung, durch Bilder oder Videos erfolgen. Das Erlernen des Umgangs mit den neuen Tools ist schon schwer genug. Da braucht es inhaltliche Klarheit. Auch, um Entlastung zu schaffen. Aufgaben müssen auch offen sind. Selbständigkeit kommt aber nicht allein von klaren Aufträgen, sondern auch durch explorative Situationen (Anmerkung von Christian Füller). Offene Aufgabenformate, die projektartiges Lernen ermöglichen sollten daher genutzt werden.
5. Kollaboration und Kommunikation
Dieser Bereich ist am stärksten von Veränderungen betroffen. Kollaboration kann durch digitale Tools nun zeit- und ortsunabhängig gestaltet werden. Gemeinsam wird nun an Textdokumenten, Präsentationen und Geschichten gearbeitet. Dies kann in Echtzeit geschehen oder zeitasynchron. Kommunikation wird nun zeitunabhängig über Chats und Videos ablaufen, sowie in Echtzeit durch Videotelefonie, die wiederum die Realbegegnung ersetzt. Sie wird das Lernen unterstützen. Nur gemeinsam kann diese vollkommen neuartige Situation des #socialdistancing verarbeitet werden. Zusammenarbeit und virtuelle Begegnung wird daher zu einem Bedürfnis beim Lernen.
6. Rolle der Lehrkraft
Die Lehrkraft hat nun verschiedenste Aufgaben, sie ist aber nicht mehr nur Wissensvermittler. Diese Rolle kann sie in Videokonferenzen bei denen sie einen Sachverhalt erklärt noch innehaben. Genauso kann sie Videoerklärungen aufnehmen und so Wissen vermitteln. Jedoch wird sie auch zum Lerner, denn sie muss nun, neue Technik, neue Werkzeuge, neue Möglichkeiten erst erlernen. Anbieter von Lernplattformen wie Simple Club, Bettermarks und co. werden in Zukunft die Rolle des Wissensvermittlers einnehmen. Die Lehrkraft muss daher viele Tools und Plattformen kennen und beherrschen, damit sie als Lernbegleiter oder Lernarchitekt Lernprozesse durch Auswahl geeigneter Mittel anregen kann.
7. Methoden und Medien
Viele analoge Methoden lassen sich auch in Videokonferenzen einsetzen, und somit besser strukturieren. Dabei ist es wünschenswert, wenn mit möglichst offenen zur Kollaboration und Kommunikation anregenden Methoden gearbeitet wird. Bei der Wahl der Tools, kommt es nicht darauf an, welches Tool man z.B. für eine Videokonferenz nimmt. Man sollte sich auch nicht nur auf eines festlegen, sondern sollte auch die anderen Möglichkeiten zulassen und offen sein, ständig neue Tools kennenzulernen und auch zu testen. Schüler*innen sollte man nicht in ein Tool zwängen, sondern ihnen Entscheidungs- und Mitbestimmungsspielraum gewähren. Sie kennen eventuell auch Tools, die die Lehrkraft nicht kennt.
8. Agilität
Veränderungsprozesse kommen im digitalen Unterricht sehr schnell und oft. Neue Software und Updates erscheinen regelmäßig. In den heutigen ungewissen Zeiten und dem Leben mit Corona muss man sich schnell an neue Bedingungen anpassen können. Das erfordert von allen im Schulsystem Beteiligten Anpassungsfähigkeit und Agilität. Man muss schnell auf Veränderungen reagieren können.
9. Formative Assessment
Lernen im Netz, Lernen im Fernunterricht kann nicht mehr durch alte Prüfungsformate unter Aufsicht abgeprüft werden. Es bedarf vielmehr Prüfungsformaten, die Kollaboration ermöglichen und Lernprozesse sichtbar machen können. Dazu eignen sich Blogs, ePortfolios, digitale Lernprodukte wie Websites, Videos, Infografiken, Podcasts etc., Challenges, wie in sozialen Medien oft durchgeführt, Blogparaden und vieles mehr. Auch hier sollte wie bei den Tools auch, Wahlmöglichkeit gegeben sein.
Informationen über den Inhalt
FAQ-Beitrag ‚Welche Leitwerte sind für zeitgemäßes Distanzlernen wichtig?‘ ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International Lizenz.
Urheber/innen:
Dieser Eintrag enthält die leicht gekürzten Inhalte einer Adobe Spark Präsentation von Tim Kantereit und wurde von den #Edunauten kuratiert.
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